Freitag, 3. September 2021

Krank

(Diese Kurzgeschichte gibt es auch als Hörspiel auf YouTube. Einfach dem folgenden Link anklicken: https://youtu.be/kHS_20uE4P8 )




England. März 1900.

Ungeachtet dessen, dass ich die Gelegenheit bekommen hatte, mit der beeindruckenden RMS Oceanic hierher reisen zu dürfen, war ich noch beeindruckter von der uralten Stadt, an dessen Hafen wir angelegt hatten. Mit ihren erhabenen viktorianischen Bauten und den Giebeldächern, präsentierte sich das schöne alte England von seiner besten Seite. Im Hafen wurde ich bereits erwartet und anhand dessen, wie Oberwachtmeister Howard B. Bancroft mich ansprach, als ich von Bord des Schiffes ging, hätte jeder Leihe bereits erkennen können, dass ich eine wichtige Koryphäe auf meinem, zugegebenermaßen im okkultem Spektrum angesiedelten, Themengebiet war und man mich darüber hinaus schon sehnlichst erwartet hatte. Er und ein paar weitere Polizisten führten mich durch ihre wunderschöne Stadt und zeigten mir die verschiedensten Gegenden. Bancroft erzählte mir von den Problemen, die diese Stadt heimsuchten und derer furchtbaren Auswüchse ich habhaft werden sollte. Seit Anfang des neuen Jahrhunderts wurden laut ihm immer wieder schreckliche Kreaturen in der Stadt gesichtet, die nicht nur für Angst und schrecken sorgten, sondern auch noch die Bevölkerung mit etwas infizierten, dass sie selbst zu höchst infektiösen Krankheits-Verteilern machen würde. Diese befallen Menschen machten wiederum ihre gesamte Umgebung binnen Sekunden todkrank, ehe sie irgendwann selbst daran verstarben. Anfangs waren es nur wenige dieser Monstrositäten gewesen, doch die Vorfälle hatten sich seitdem enorm gehäuft. Wie als hätte man es dazu aufgefordert, tauchte hinter der nächsten Ecke eines dieser Geschöpfe auf und ersparte damit dem Ordnungshüter, die Beschreibung dieser Wesen auch nur zu versuchen. Es war eine gar widerliche Gestalt, die sich mühsam über den Boden zog. Der vordere Teil oder Oberkörper, sah aus wie der eines kranken, von Blasen übersäten und langsam zerfallenden Menschen, dem außer ihrer schmerzerfüllten Bewegungen und dem leidenden Gesichtsausdruck nichts Lebendiges mehr anhaftete. Der Unterkörper jedoch, und das war das eigentlich interessante an diesem Ding, erinnerte eher an das Ende einer Kaulquappe, nur das es viel größer war. Die Kreatur zog ihren schleimigen Hinterleib kräftezehrend hinter sich her und stöhnte dabei unmenschliche Geräusche. Ich wollte mir das Ganze näher anschauen, doch die Anderen hielten mich zurück und warnten mich harsch. Eine Berührung allein würde ausreichen, um mich krank und infektiös zu machen. Trotz des rechtzeitigen Eingriffes der Beamten, war ich jedoch nah genug an die Kreatur herangekommen, um dessen widerlichen Gestank zu vernehmen, den sie ausströmte. Es war eine extreme Mischung aus Verwesung und Brackwasser, die mir für kurze Zeit den Atem nahm und mir die Sinne raubte. Die Polizisten, auf einen solchen Fall vorbereitet, nahmen ihre Fackeln die sie mitgebracht hatten und verbrannten das Wesen, welches sich noch eine Weile lang im Feuer wandte ehe es darin verendete. Ich ließ mir, nachdem ich mich wieder gefangen hatte, eine genaue Beschreibung geben, wo es die meisten Sichtungen gegeben hatte und verlangte, dorthin geführt zu werden, was die Gesetzeshüter ohne zu zögern taten. In besagtem Bereich angekommen begann ich mit meinen Nachforschungen. Der Geruch dieser Kreaturen hatte sich in diesem Stadtviertel bereits unauslöschlich festgesetzt und viele der Anwohner waren entweder fort gegangen oder Tod. Nur einige sture und hartgesottene Einwohner, höheren Alters, waren noch hier verblieben und verbarrikadierten sich in ihren Häusern. Auf einer niedrigen Brücke, die über einen sanft dahin plätschernden Fluss führte, fiel mir erstmals eine leicht schwärzliche Färbung auf, welche einen genauso übel riechenden Gestank aufwies, wie das Monster, welches ich vorhin kennengelernt hatte. Und als ich auf der Wasserseite des Geländers dann auch noch viele weitere dieser Spuren fand, entschloss ich mich, mit den Polizisten gemeinsam flussaufwärts zu gehen, um weitere Übergänge und das Ufer zu untersuchen. An jeder Brücke fanden sich weitere Spuren dieser dunklen Pestmasse, bis sie in einem Viertel angelangt waren, in dem es eigentlich noch gar keinen Vorfall gegeben hatte, was mir komisch vorkam, da es hier besonders viele dunkle Spuren gab. In direkter Nähe, des nun reißenden Flusses, entdeckte ich schlussendlich ein verlassen wirkendes Haus, welches laut der Beamten schon länger leer stand, und einer inneren Eingebung folgend machte ich mich bereit, dieses alte Anwesen zu betreten. In Anbetracht des, inzwischen bekannten, Gestankes dieser Wesen, hatte ich allen Männern empfohlen, sich etwas Stoff vor Nase und Mund zu halten, bevor ich die Tür öffnete. Und dennoch wurden wir alle fast ohnmächtig, bei dem fürchterlichen Gerüchen die uns aus dem, seit langem das erste Mal geöffnetem, Eingang entgegenströmten. Innen war es dunkel und modrig. An Boden und Wänden konnte man überall diese schwärzlichen Flecken sehen, die wie Pilze alles überwucherten und unter sich zersetzten. Teile der Innenwände waren schon so sehr in Mitleidenschaft gezogen worden, dass wir durch ein mannshohes Loch in einen großen Nebenraum blicken konnten, in dessen Finsternis sich etwas zu bewegen schien. Die Wachmänner entzündeten erneut ihre Fackeln und gemeinsam mit ihnen begab ich mich tiefer in das Gebäude. Als wir mit dem Fackellicht in besagtem Raum angelangt waren, überkam uns blanker Ekel und entsetzen. Die Wände dieses Raumes hatten durch den Befall dieser Wesen bereits eine gänzliche pechschwarze Färbung angenommen und in der Ecke, von der alles auszugehen schien, kauerte ein gewaltiges und besonders groteskes Exemplar dieser alptraumhaften Kreaturen. Mit Schrecken mussten wir feststellen, dass dieses Ding ein Gelege aus schleimigen Eiern zu schützen versuchte. Dabei machte es einen eher ängstlichen Eindruck auf uns, was das Grauen jedoch keinesfalls zu schmälern drohte und mich in nur noch mehr seinen Bann zog. Ich könnte nicht wegsehen, bis ich einen der Wachmänner, unweit von mir entfernt vernahm, der uns zu sich rief. Ohne den Blick gänzlich abzuwenden ging ich zu dem Polizisten, während die anderen mit ihren Fackeln das Vieh an der Wand in Schach hielten. Bei dem Beamten angekommen zeigte dieser auf die offene Tür, vor der er zum Stehen gekommen war. Es handelte sich um Durchgang und Treppe zum Keller, der jedoch komplett überflutet war. Irgendwo dort unten musste es einen Durchbruch zum Fluss gegeben haben. Ich brachte im Kopf sorgfältig die ganzen Puzzleteile zusammen und setzte anschließend die Wachmänner über meine Theorien in Kenntnis. Ich erklärte, dass dieses weit größere Ding hier in diesem Raum, für die Zeugung dieser widerlichen Kreaturen verantwortlich sein dürfte, und das ihre Jungen auf der Suche nach Nahrung, durch den Keller in den Fluss gelangt waren, wo sie schwach und unwissend, von den Strömungen flussabwärts getrieben worden sein mussten. Bis sie am Ausgangspunkt meiner Forschungen haben an Land gehen können, da dort die Strömung am schwächsten war.

Ich empfahl eine Tötung dieser unheiligen Brutmutter und eine umfassende Säuberung dieses verdorbenen Ortes durch ein kontrolliertes Feuer. Die Beamten, so schien es, hatten Angst davor wie dieses gewaltige Wesen reagieren würde, wenn man auf es oder ihre Eier schießen würde. Und da sie allesamt aus dieser Angst heraus in eine starre verfallen waren, nahm ich kurzerhand dem Oberwachtmeister seine Waffe ab und erschoss das große Geschöpf selbst. Aus ihrer Schockstarre befreit, zerschossen die anderen dann das Gelege, bis kein Ei mehr ganz war. Anschließend verschlossen wir die Kellertür und gingen wieder Richtung Eingang. Auf unserem Weg nach draußen zündeten wir mit den Fackeln das ganze verfluchte Gebäude an und verbarrikadierten von außen die Tür ins freie, so das nichts und niemand dort herein- oder herauskommen könnte, bis das Anwesen völlig verbrannt sein würde. Während wir dem Haus beim brennen zusahen, begann plötzlich ein irrsinniges und schmerzerfülltes Kreischen aus dem Inneren des brennenden Gebäudes. Ich wurde blass als ich realisierte, dass es sich um die Kreatur handeln könnte, die ich noch vor kurzem Erschossen zu haben glaubte, die jedoch unverkennbar noch am Leben zu sein schien und Höllenqualen dabei erlitt, an der Seite ihrer toten Kinder, lebendig zu verbrennen.

In das unmenschliche Geschrei stimmten zugleich mehrere Dutzend ähnlicher Schreie ein, die in der gesamten Stadt verteilt zu sein schienen und das wahre Ausmaß andeuteten, welches diese Plage bereits angenommen zu haben schien. Das dröhnende Crescendo aus Kreischen und Geheul, das nun von allen Seiten auf uns einschlug, wurde so unerträglich laut, dass ich mir unweigerlich Augen und Ohren zuhalten musste, um nicht den Verstand zu verlieren. Eine nasse Berührung an meinem rechten Bein ließ mich jedoch zu Boden sehen und ich erschauderte bei dem Anblick eines dieser Wesen, wie es mein Bein fest umschloss und mich mit einem Blick der Genugtuung ansah, wie ich es mir bei ihren leblosen Gesichtern, nie hätte vorstellen können. Die Schwärze, die sich nun auf mein Bein legte und langsam durch die Kleidung und an mir hochkroch, fühlte sich an als zersetzte sie langsam aber sicher meine Haut unter sich, ohne jedoch zu schmerzen. Viel mehr umspannte mein Bein dort eine angenehme Kühle, die mich um so mehr zwischen Panik und Verwunderung gefangen hielt. Als ich Hilfe suchend hochschaute, sah ich in das panisch rufende Gesicht Bancroft's und nahm die Hände von meinen Ohren um zu verstehen, was er da rief.

Ich hätte mir jedoch gewünscht es nicht gehört zu haben. Denn der Mann, mit dem ich gerade noch zusammen gearbeitet hatte, befahl seinen Leuten mich so schnell wie nur irgend möglich zu erschießen. Einer göttlichen Fügung gleich, blieb dies jedoch aus. Bancroft's Männer rangen nach Luft und wanden sich, als wären sie in einem Kampf mit sich selber verwickelt. Und der Oberwachtmeister selbst war unbewaffnet, seit ich ihm in dem Haus seine Waffe abgenommen hatte. Ich hob die Waffe und erschoss Oberwachtmeister Howard B. Bancroft, bevor er noch seinen Mut wiederfinden und mich angreifen könnte. Anschließend riss ich mich von der Kreatur los und rannte davon. Seit dem verstecke ich mich. Ich bin noch nicht krank geworden und der schwarze Fleck scheint zurückzugehen. Aber der Hunger plagt mich und ich frage mich, ob ich schon wieder unter die Leute gehen und mir etwas zu Essen und zu Trinken organisieren könnte...











1 Kommentar:

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